Von
Dietmar Fuchs, dpa
Düsseldorf/Montréal - Mit Entspannung pur an den Niagara-Fällen haben
Deutschlands Wasserballer den Dauer-Stress von zehn Top-Spielen an 24 Tagen
abgeschüttelt.
«Die Jungs sollten Wasser nur noch aus der Ferne sehen», sagte Bundestrainer
Hagen Stamm zum Betriebs-Ausflug an die Grenze zwischen Kanada und den USA.
Jetzt wollen «die Jungs» bei der Weltmeisterschaft in Montréal (17. bis 31.
Juli) den beinahe unglaublichen Aufschwung fortsetzen. Nach Jahren des
Rückschritts - keine WM-Teilnahme 1998, kein Olympia 2000, WM-Rang 14 in
Fukuoka 2001, WM-11. 2003 in Barcelona - hat Stamm sein Team mit Rang fünf
bei Olympia 2004 in Athen in die Weltelite zurückgeführt.
«Wasserball ist eine gute Aktie», sagt der 45-Jährige nach dem
forschen Auftritt in der Weltliga: Mit fünf Siegen qualifizierte sich Neuling
Deutschland auf Anhieb für das Finale der weltbesten Sechs in Belgrad (11.
bis 14. August). Das Startgeld von 25 000 Dollar ist bei einem
garantierten Reinerlös von 40 000 Dollar längst eingespielt. «40 Prozent
- das bekommt eine andere Anlage nicht so schnell», rechnet der
selbstständige Unternehmer Stamm vor.
In der immensen Belastung, begleitet von anstrengenden Reisen nach Belgrad,
Stuttgart, Toronto und nun Montréal, sieht Stamm vor dem WM-Auftakt am 18.
Juli gegen Australien eine Gefahr: «Man kann auch auf die Nase bekommen.»
Geplant ist das aber nicht, der im fünften Jahr amtierende Männer-Coach des
Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) nimmt sich und das Team in die
Verantwortung: «Der fünfte Platz von Athen verpflichtet zum Beweis, dass wir
zu den Top-Mannschaften gehören.»
Platz zwei in der Vorrundengruppe mit Australien, China und dem
Olympia-Vierten Griechenland ist realistisch. «Wenn wir die Griechen schlagen
und Erster würden - das wäre ein Traum», sagt Stamm. Dann wäre das
Viertelfinale ohne Umweg erreicht; die Gruppen-Zweiten und - Dritten müssen
eine Extra-Runde einlegen. Stamm: «Angst gibt es nicht, die Jungs glauben an
sich.» Respekt haben sie allenfalls vor Teams wie Olympiasieger Ungarn oder
Europameister Serbien-Montenegro. Doch Stamm hat mental vorgesorgt: «Zuletzt
konnten die Jungs im Whirlpool entspannen und abends auch mal ein Bierchen
trinken.»
Weltweit stuft Stamm sein Team zwischen Platz fünf und acht ein, «aber von
fünf bis drei sind wir nicht weit weg». In Kanada wird der große Wurf eher
nicht gelingen, denn aus Studiengründen fehlen zwei wichtige Akteure aus dem
Olympia-Kader: Jens Pohlmann (Spandau) und Tim Wollthan (Duisburg). «Wenn wir
jetzt noch ein Verletzungsproblem bekommen, bricht das System zusammen»,
beklagt der Coach mangelnde Alternativen. Doch Bange machen gilt nicht: «Ich
bin guten Mutes.»
(dpa)
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