Nach dem Rückzug des finanziell angeschlagenen amtierenden
Meister SV Cannstatt bot sich den Wasserballern von Hellas Hildesheim die
Chance in die höchste deutsche Spielklasse nachzurücken. Vor dem knapp
verpassten direkten Aufstieg hatte sich das Präsidium bereits mit diesem
Thema beschäftigt und erste Weichen in Hinblick auf die bevorstehende
Bundesliga gestellt. Am Wochenende fiel nun das Votum des Vorstands
einstimmig für den Aufstieg aus, Hellas hat damit den direkten Durchmarsch
von der Regionalliga in die neustrukturierte Deutsche Wasserball-Liga 1 (DWL
1) geschafft und die Station "Zweite Liga" übersprungen. Im
Hintergrund laufen beim Nordmeister nun die Vorbereitungen für die dritte
Bundesligaperiode auf Hochdruck.
Ausschlag für die Meldung gaben mehrere Punkte. "Den notwendigen Etat
konnten wir in der Kürze der Zeit natürlich noch nicht endgültig
sichern", so Vizepräsident Markus Weiterer über die finanziellen
Voraussetzung, "aber wir sind sehr optimistisch, dass dies in den
kommenden Wochen gelingt". Nicht nur die wirtschaftliche auch die
sportliche Seite sehen die Verantwortlichen positiv. "Von den sechzehn
Mannschaften können wir sechs potentiell schlagen, das hat uns bewogen zu
melden", stellt die Vorsitzende Frauke Oppelt-Brager klar, dass der
anvisierte Klassenerhalt trotz der schwierigen Situation für möglich erachtet
wird. Ein kleines Fragezeichen gibt es allerdings noch, die Liga muss das
nach den DWL-Wettkampfbestimmungen zu kleine Spielfeld im Wasserparadies
genehmigen. "Wir glauben, dass das aber nur eine Formalität ist",
so der neue Teammanager Eberhard Brager.
Das Umfeld für die dritte Erstligaperiode der Hildesheimer Wasserballer,
bereits 1987-91 und 1995-2000 waren die Hellenen erstklassig, scheint so
bereitet, gearbeitet wird unterdessen auch an der Mannschaft. "Das
endgültige Team hätte bis Ende August feststehen müssen, die DWL gewährte uns
eine knappe Verlängerung bis zum 15. September. Wir verhandeln derzeit noch
mit einigen Spielern aus der Region Niedersachsen", hofft Weiterer
unterdessen auf gezielte Verstärkung für das aktuelle Team, dessen Grundlage
die Vorjahresmannschaft bildet. "Alle Spieler haben per Handschlag
verlängert", freut sich Weiterer. Erste Option bleiben die eigenen
Jugendspieler, mit Clemens Fabig, Tobias Höhler, Daniel Weiterer und Ilja
Immermann sollen mindestens vier der aktuell sechs Jugendnationalspieler im
nächsten Jahr in der Herrenmannschaft Erfahrungen sammeln. Hier eröffnet sich
aber auch ein Problem, den zwei der vier Spieler sind als Spieler des
jüngeren B-Jugend-Jahrgangs erst ab dem 1. Januar für die DWL1
spielberechtigt.
"Im Kern treten wir mit der A/B-Jugend sowie zwei
bis vier Herrenspielern an", stellt Brager klar, dass es für Hellas nur
um den Klassenerhalt geht. "Unser Konzept war eigentlich auf die
Spielzeiten 2008 und folgende ausgelegt. Jedes Jahr rücken frische
Jugendspieler nach und in der bevorstehenden Spielzeit wollen wir in allen
männlichen Alterskategorien unter die besten sechs Teams in Deutschland
kommen und auch einige Medaillen erringen", erklärte Frauke
Oppelt-Brager, dass der Verein weiter auf die Karte "Jugend" setzt.
"Vor jeder unserer zwei vorherigen Bundesliga-Generationen stand eine
gute Jugendarbeit, während der Zeit in der Bundesliga wurde diese dann aber
mangels Ressourcen wieder vernachlässigt, mit der Folge des Abstiegs. Unsere
größte Aufgabe sehen wir daher darin, Jugend und Herren gleichzeitig zu
entwickeln", so Oppelt-Brager weiter.
Große finanzielle Investitionen in neue Spieler wird es so nicht geben, die
Hellenen verschreiben sich weiterhin dem Amateurprinzip und wollen damit den
Großen wie Meister Spandau trotzen. "Stars wird diese Mannschaft nicht
haben, maximal Altstars", gibt Weiterer einen Wink, dass auch
Wasserball-Größen wie Roland Weiterer, Heiko Ropers und Europameister Dirk
Schütze gelegentlich die Kappen für die Hellenen schnüren werden.
"Insbesondere zu den Schlüsselpartien im Frühjahr nächsten Jahres werden
wir taktisch auch aus unserem großen Topf mit Erfahrungspotential
schöpfen", so Weiterer mit einem Lächeln. Die erfahrenen Spieler könnten
den jungen Talenten helfen, den kalten Sprung in die höchste deutsche
Spielklasse und die Duelle mit Spielern, die gerade bei der EM in Serbien mit
dem Bundesadler auf der Kappe ins Wasser gehen, zu bestehen. "Ob und wo
Schütze & Co helfen können und wollen ist noch vollkommen unklar. Wir
sollten uns mehr auf die Zukunft konzentrieren als auf die Altstars",
stellt Weiterer unterdessen aber klar, dass dies nur eine kurzfristige Option
für den Hellas sein wird.
Die neustruktierte DWL wurde in dieser Spielzeit auf sechzehn Mannschaften
aufgestockt und wird jetzt nach dem Vorbild der italienischen Liga gespielt,
das heisst, in vier Vorrundengruppen mit je vier Mannschaften. Für die
Hellenen stehen dabei anspruchsvolle Gegner auf dem Programm: Spandau 04, SSV
Esslingen und SV Würzburg 05. Neben dem im letzten Jahr erstmals seit Jahren
entthronten Serienmeister Spandau 04 können die Hildesheimer Fans dabei mit
dem SSV Esslingen im Hildesheimer Wasserparadies einen weiteren Topclub
sehen. "Esslingen ist ein erstzunehmender Titelanwärter, immerhin haben
sie fast die halbe Mannschaft des letztjährigen Meisters SV Cannstatt
übernommen", rechnet Hellas-Trainer Leonid Immermann gleich zwei der
drei Vorrundengegner zu den Titelanwärtern. Die ersten beiden Teams der
Vorrunde werden in die Meisterrunde einziehen, die Teams auf den Rängen drei
und vier in die Abstiegsrunde, in der sich wohl auch die Hellenen
wiederfinden werden.
"Alleine gegen Mannschaften wie Spandau 04 ins Becken steigen zu dürfen,
bringt gerade unsere jungen Spieler in ihrer Entwicklung einen großen Schritt
voran", so Trainer Leonid Immermann, der aber trotz der schwierigen
Situation an den Klassenerhalt glaubt: "Die Mannschaft kann sich in der
ersten Phase finden und bei den Aufstiegsplay-offs der letzten Spielzeit, als
wir nur knapp aufgrund der Tordifferenz scheiterten, haben wir gezeigt, dass
wir mit den Teams in der Abstiegsrunde mithalten können". Die
sportlichen Vorbereitungen laufen unterdessen auf Hochtouren, bergen aber ein
weiteres Problem.
"Trainingsmöglichkeiten", ist die Antwort von Frauke Oppelt-Brager
auf die Frage nach der größten Baustelle in Hinblick auf die bevorstehende
Erstligaspielzeit. "Die Erfolge der Schwimmer und Wasserballer machen
Hildesheim zu einer absoluten Hochburg in Deutschland. Da muss sich in der
Stadt kurzfristig einiges bewegen wenn das so bleiben soll", nimmt die
Vorsitzende des Hellas auch die Verantwortlichen der Stadt in die Pflicht.
"Mit den sich derzeit entwickelnden Strukturen und dem beeindruckenden
Unterbau in der Jugend haben wir beste Chancen Bundesligawasserball in
Hildesheim auf lange Zeit zu etablieren", so Oppelt-Brager, die hofft,
dass die aktuell anbrechende Bundesligaperiode länger als die vorherigen vier
bzw. fünf Spielzeiten andauert. "Aufgrund des nachrückenden Nachwuchses
kann ich mir sogar vorstellen, dass wir in den kommenden Jahren uns bisher
beste Platzierung in der höchsten deutschen Spielklasse, den achten Platz,
einmal angreifen können", blickt die Vorsitzende unterdessen in die
Zukunft, kehrt aber sofort in die Gegenwart zurück: "Jetzt zählt aber
nur der Klassenerhalt und dass wir unsere gute Jugendarbeit fortsetzen".
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