Staßfurter Nachkriegssport – eine
Erfolgsgeschichte bis heute
Erinnerungen eines Sport-Oldies, der auch
Mitgestalter war
Von Klaus Stein
Staßfurt. Das Staßfurt
nicht nur vor dem verhängnisvollen zweiten Weltkrieg, sondern auch in den
Jahren danach eine Sportstadt war und auch noch immer ist, daran will diese
unvollständige Reminiszenz ein wenig erinnern.
Auch während des Weltkrieges wurde in Staßfurt Fußball gespielt. Obwohl nur
wenige Männer daheim geblieben waren, " u. k. " ( Unabkömmlich )
gestellt, kam doch immer wieder eine " Elf " zu Stande. Als Kinder
waren wir stets präsent, wenn es hieß : Fußball ist angesagt. Die Plätze waren
zu der Zeit bereits an jetziger bekannter Stelle. Dazu kam das naheliegende
Freibad in der Hecklinger Straße. Dort gab es sogar am Ende des Krieges
Schwimmen und Wasserball wettkampfmäßig.
Nach dem Ende des Krieges bildeten sich
allmählich wieder Sportvereine mit unterschiedlichen Abteilungen heraus :
Fußball und Handball, sowie eine starke Leichtathletiksektion waren zu der Zeit
Hauptmerkmale im Staßfurter Sportleben.
Vor allem letztgenannte entwickelte sich unter der Leitung des unvergessenen
Kurt Laue zu einer herausragenden Abteilung. Nach sowjetischem Vorbild bekamen
die Sportvereine meist Namen örtlicher Trägerbetriebe. Diese waren für die fi
nanzielle Absicherung der Vereine verantwortlich.
Der Vereinsname " Aktivist " stand zum Beispiel für das Kaliwerk,
aber auch für andere, dem Bergbau nahestehende Vereine.
Fußball, Handball, Radball, Turnen, Schwimmen, Tennis, Tischtennis und Kegeln
gehörten dazu. Alle Abteilungen ( oder Sektionen wie man sie auch nannte ),
verfügten über beachtliche sportliche Leistungsträger, die ein hohes Niveau
kennzeichneten.
Vor allem in der Leichtathletik hatte man mit Martin Westphal einen herausragenden
Kurzstreckenläufer. DDRMeister über 100 Meter, meiner Erinnerung nach mit einer
persönlichen Bestzeit von damals handgestoppten 10, 7 Sekunden auf Aschenbahn.
Für damalige Verhältnisse eine super Zeit.
Auch eine 4 x 100 Meter Staffel mit Hanel, Kuchen, Westphal und Manns, aber
auch mit den Brüdern Melzer, sorgten für Zuschauerzulauf und Begeisterung im
Staßfurter Stadion der Einheit. Dessen ramponierter Zustand war einigermaßen
wettkampf- und zuschauerfreundlich gestaltet worden. Gegen heutige Maßstäbe
natürlich kein Vergleich.
Volle Säle konnte damals auch immer das Radball-Duo Helmut Gründler und Werner
Walther füllen. Beide waren Landesmeister und ihr Zuhause war das ehemalige
Konzerthaus " Klingsch ", heute nach Abriss und Neubau ein Supermarkt
sowie am Botanischen Garten ( Lemme ) Löderburger Straße.
Das Hauptinteresse blieb aber natürlich stets beim Fuß- und Handball.
Handball, zu dieser Zeit auf Großfeld gespielt, hatte in Staßfurt immer seine
Anhänger. Die " Aktivisten " spielten dabei stets eine herausragende
Rolle. Namen wie Heini Peter, Naucke, Krause oder Sonnabend waren schon
Begriffe und " Klacker " Koch und Fritz Richter gute Torhüter.
Jetzt kam auch die Zeit des Paul Merkewitz.
An der Liethe in Staßfurt standen ehemalige Salzlagerschuppen ungenutzt. Paul
Merkewitz, Handballfunktionär bei " Aktivist ", kam auf die Idee,
eine Halle so herzurichten, dass sie für sportliche Aktivitäten genutzt werden
konnte. Viel persönlicher Einsatz von ihm, was leider aber auch seinen
Gesundheitszustand negativ beeinflusste und er viel zu früh verstarb, ließ
seine Idee aber Realität werden – es kam zu einer Sporthalle.
Rotes, grobes Ziegelmehl, keine Bande, dazu immer kalt und kaum sanitäre
Anlagen waren dennoch kein Hindernis für mannigfaltigen Sport.
Reviermeisterschaften
im Handball
Herausragend die Reviermeisterschaften im Handball. Dort waren Mannschaften aus
vielen Bergbaurevieren der DDR im Kampf um die Meisterschaft vertreten. Auch da
waren, trotz manchmal barbarischer Kälte ( die Halle war nicht beheizbar )
viele Zuschauer mit viel Enthusiasmus dabei. Meist blieben die Staßfurter
Sieger. Als später dann auch die Fußballer ihr Halleninteresse bekundeten,
waren Turniere groß in Mode gekommen. Auch hier waren die " Aktivisten "
mit Hannes Schulz, Edgar Stein, " Sohne " Georg Duschanski, Klaus
Nolte u. a. ganz stark. Viele Turniere wurden gewonnen. Darunter auch gegen
starke, höherklassige Mannschaften.
Eine Anekdote
am Rande
Bei einem Fußballturnier hatte der damalige Wirt der Stadion-Gaststätte "
Hannes " Nolte, stets einen Verschlag in der Ecke der Halle ( heute
VIP-Raum und Umkleideräume ). Ein Ball verfehlte seine Richtung und landete
direkt in " Hannes " Fleischbrühekessel. Rolladen schnell herunter,
Ball aus der Brühe, schnell noch einen Eimer Wasser in den Kessel und weiter
ging es. Kaum bemerkt, aber lange belacht.
Breitensport-Turniere
kamen neu hinzu
Federführend für so manche Volkssport-Turniere war häufi g der rührige "
Männe " Saalbach. Viele Betriebsmeisterschaften wurden organisiert und
ausgetragen. Nicht selten nahmen auswärtige Mannschaften daran teil.
Heute wie gestern, die Paul-Merkewitz-Halle spielte immer eine wichtige Rolle.
Viel wurde in den Jahrzehnten verbessert, wenn auch noch einiges besser werden müsste.
Immerhin wird dort Regionalliga-Handball gespielt.
Sportorganisatorische
Veränderungen
Später wurden dann Handball und Fußball getrennt. Der Handballbereich ging zu
" Motor " und Fußball zu " Aktivist ". Profitiert von
dieser " Spezialisierung " haben wohl dann die Fußballer. Mit H .-A.
Rosenmeier, den Brüdern Lieder, Erich Schefer und Heinz Peißig spielten lange
Jahre Spieler in der ersten Mannschaft.
Aktivist hatte in der Fünfzigern auch eine starke Sektion Faustball. Der
weibliche und männliche Nachwuchs wurde sogar DDR-Meister.
Ganz oben spielten auch Motors-Handballer. Sie schlugen sich viele Jahre in der
Großfeld-DDR-Oberliga recht ordentlich. Zu den bekanntesten gehörten
Zimmermann, Klimmt und Apel.
Sie schafften es sogar Oberligaspieler bei Dynamo Berlin zu werden. Zimmermann
stand sogar lange in der DDR-Auswahl.
Wie Pilze aus der Erde schossen in Staßfurt über die Trägerbetriebe vornehmlich
Fußballvereine aus dem Boden. Alle hatten eine gewisse Zeit, aber allmählich
ging deren Zahl zurück, oder wurden von anderen Vereinen außerhalb auf- oder
übernommen.
So hatte beispielsweise die spätere BSG Motor anfangs den bemerkenswerten Namen
BSG RFT VEB Stern Radio / Nagema Staßfurt. Später " Stahl ", dann
" Motor ".
Dazu noch " Empor " ( Konsum – HO als Träger ), " Einheit "
( Rat des Kreises ), " Lok " ( Reichsbahn ), " Chemie " (
Sodawerke ), " Dynamo " ( VP ) – später Neundorf, mit dem
unvergessenen Otto Ebeling an der Spitze. Otto Ebeling war später
Sektionsleiter bei " Aktivist " Staßfurt und KFA-Vorsitzender.
Es gab dann in der Folgezeit mehrere Versuche durch Zusammenlegen von Vereinen
eine höhere Leistungsqualität zu erzielen. Aber meist schlugen diese "
verordneten " Bemühungen fehl. Beispiele dafür sind Löderburg mit Aktivist
Staßfurt, später Fernsehgerätewerk Staßfurt, ebenfalls mit Aktivist.
Anscheinend ging es dabei auch um fi nanzielle Dinge. Aber auch diese Versuche
gingen daneben.
Ein bisschen wehmütig muss man aber abschließend in die Zukunft des Staßfurter
Sports schauen, denn der Geburtenrückgang wird ganz sicher auf den
Leistungssport negative Auswirkungen haben.