Der Scherbenhaufen ist perfekt: Der amtierende deutsche Meister
SV Cannstatt zieht nach vorliegenden Informationen seine Mannschaft
jetzt doch und nun wohl auch definitiv aus der Bundesliga zurück. Die
Stuttgarter hatten in diesem Jahr zum ersten Mal die deutsche Meisterschaft
gewonnen und Seriensieger Wasserfreunde Spandau 04 abgelöst, doch die Suche
nach Sponsoren blieb trotz des Coups erfolglos: Der Klub schenkte seinen Spielern
zwei Wochen nach dem größten Triumph der Vereinsgeschichte reinen Wein ein
und stellte ihnen frei zu gehen. Auf dem Nachrückerplatz steht mit dem
SC Hellas-99 Hildesheim jetzt der Dritte des Relegationsturniers von
Brandenburg.
Eine schriftliche Abmeldung liegt nach Redaktionserkenntnissen bisher
allerdings noch nicht vor, doch Vereinspräsident Präsident Dieter Junger hat
heute gegenüber der Deutschen Wasserball-Liga (DWL) den Cannstatter Rückzug
mündlich angekündigt, wie aus DWL-Kreisen bestätigt wurde. Kurz
vor Ablauf der Meldefrist am Donnerstag (31. August) hat der
Stuttgarter Klub damit die Notbremse gezogen, nachdem letzte Bemühungen auf
dem Transfermarkt erfolglos geblieben waren: „Wir haben keine Spieler mehr,
deshalb macht es keinen Sinn mehr", wurde der SVC-Boss zitiert. Da der
dünne Spielmarkt in Baden-Württemberg nahezu leergefegt war, kommt die
Entscheidung nicht überraschend, bedauert wird sie trotzdem.
Mit der Vermeldung eines deutlich reduzierten Etats für die Saison
2006/2007 hatten zunächst die Nationalspieler Steffen Dierolf, Florian
Naroska (zum Nachbarklub und Aufsteiger SSV Esslingen), Moritz Oeler
(Spandau) und Florian Müller (zum ASC Duisburg) die Schwaben verlassen, wobei
Torjäger Heiko Nossek bereits vor der Finalserie einen lukrativen Kontrakt
beim griechischen Meister Ethnikos Piräus unterzeichnet hatte. Da sich in der
Folge zudem auch der polnische Nationaltorhüter Michal Diakonow sowie die
Nachwuchsspieler Michael Müller, Bastian Lehmann und Miloslav Aleksic Nachbar
Esslingen angeschlossen haben, war die Mannschaftsstreichung praktisch
unausweichlich.
Zuletzt blieben Meistertrainer Andras Feher (dessen Vertrag am Neckar
bis Jahresende gilt) dem Vernehmen nur noch Nationalspieler Lukasz Kieloch
und der Ungar Peter Ambrus als erfahrene Akteure. Damit standen dem SV
Cannstatt aus eigenen Kräften nur noch Spieler der dritten Mannschaft
(Oberliga Baden-Württemberg) sowie der auf Landesebene nur im Mittelfeld
rangierenden A-Jugend zur Verfügung, während die personell dünn besetzte
„Zweite“ schon vor Jahresfrist aus der Regionalliga Süd zurückgezogen worden
war. Nach Presseberichten wird Ambrus beim SV Cannstatt in der dann nach der
DWL-Reform drittklassigen Oberliga weiterspielen, während Olympiateilnehmer
Kieloch, der auch zum DSV-Aufgebot beim EM-Turnier in Belgrad gehört, mit dem
Schweizer Vizemeister SC Horgen in Verbindung gebracht wird.
Damit verschwindet nach mehr als zwei Jahrzehnten nach Rote Erde Hamm ein
weiterer Traditionsname aus dem Oberhaus. Neue Macht am Neckar ist damit der
SSV Esslingen, der unter Trainer Patrick Weissinger gleich sechs Akteure
aus dem Cannstatter Meisterteam verpflichten konnte. Erster Nachrücker wäre
der frühere Erstligist Hellas-99 Hildesheim, der als Dritter des Aufstiegsturniers
von Brandenburg den Sprung in die neue 16er-Bundsliga nur aufgrund der
schlechteren Tordifferenz verpaßt hatte. Die tendenziell am Aufstieg
interessierten Niedersachen müssen in den kommenden Tagen nun im Umfeld die
Weichen in Richtung Erstligastart stellen, wobei aus Termingründen nur noch
bescheidende Möglichkeiten auf dem Spielermarkt vorhanden sind.
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