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    30.08.2006 - Wolfgang Philipps

    Kein Personal: Meister Cannstatt kündigt Rückzug an

    Der Scherbenhaufen ist perfekt: Der amtierende deutsche Meister SV Cannstatt zieht nach vorliegenden Informationen seine Mannschaft jetzt  doch und nun wohl auch definitiv aus der Bundesliga zurück. Die Stuttgarter hatten in diesem Jahr zum ersten Mal die deutsche Meisterschaft gewonnen und Seriensieger Wasserfreunde Spandau 04 abgelöst, doch die Suche nach Sponsoren blieb trotz des Coups erfolglos: Der Klub schenkte seinen Spielern zwei Wochen nach dem größten Triumph der Vereinsgeschichte reinen Wein ein und stellte ihnen frei zu gehen. Auf dem Nachrückerplatz steht mit dem SC Hellas-99 Hildesheim jetzt der Dritte des Relegationsturniers von Brandenburg.

    Eine schriftliche Abmeldung liegt nach Redaktionserkenntnissen bisher allerdings noch nicht vor, doch Vereinspräsident Präsident Dieter Junger hat heute gegenüber der Deutschen Wasserball-Liga (DWL) den Cannstatter Rückzug mündlich angekündigt, wie aus DWL-Kreisen bestätigt wurde. Kurz vor Ablauf der Meldefrist am Donnerstag (31. August) hat der Stuttgarter Klub damit die Notbremse gezogen, nachdem letzte Bemühungen auf dem Transfermarkt erfolglos geblieben waren: „Wir haben keine Spieler mehr, deshalb macht es keinen Sinn mehr", wurde der SVC-Boss zitiert. Da der dünne Spielmarkt in Baden-Württemberg nahezu leergefegt war, kommt die Entscheidung nicht überraschend, bedauert wird sie trotzdem.  
       
    Mit der Vermeldung eines deutlich reduzierten Etats für die Saison 2006/2007 hatten zunächst die Nationalspieler Steffen Dierolf, Florian Naroska (zum Nachbarklub und Aufsteiger SSV Esslingen), Moritz Oeler (Spandau) und Florian Müller (zum ASC Duisburg) die Schwaben verlassen, wobei Torjäger Heiko Nossek bereits vor der Finalserie einen lukrativen Kontrakt beim griechischen Meister Ethnikos Piräus unterzeichnet hatte. Da sich in der Folge zudem auch der polnische Nationaltorhüter Michal Diakonow sowie die Nachwuchsspieler Michael Müller, Bastian Lehmann und Miloslav Aleksic Nachbar Esslingen angeschlossen haben, war die Mannschaftsstreichung praktisch unausweichlich. 
         
    Zuletzt blieben Meistertrainer Andras Feher (dessen Vertrag am Neckar bis Jahresende gilt) dem Vernehmen nur noch Nationalspieler Lukasz Kieloch und der Ungar Peter Ambrus als erfahrene Akteure. Damit standen dem SV Cannstatt aus eigenen Kräften nur noch Spieler der dritten Mannschaft (Oberliga Baden-Württemberg) sowie der auf Landesebene nur im Mittelfeld rangierenden A-Jugend zur Verfügung, während die personell dünn besetzte „Zweite“ schon vor Jahresfrist aus der Regionalliga Süd zurückgezogen worden war. Nach Presseberichten wird Ambrus beim SV Cannstatt in der dann nach der DWL-Reform drittklassigen Oberliga weiterspielen, während Olympiateilnehmer Kieloch, der auch zum DSV-Aufgebot beim EM-Turnier in Belgrad gehört, mit dem Schweizer Vizemeister SC Horgen in Verbindung gebracht wird.
         
    Damit verschwindet nach mehr als zwei Jahrzehnten nach Rote Erde Hamm ein weiterer Traditionsname aus dem Oberhaus. Neue Macht am Neckar ist damit der SSV Esslingen, der unter Trainer Patrick Weissinger gleich sechs Akteure aus dem Cannstatter Meisterteam verpflichten konnte. Erster Nachrücker wäre der frühere Erstligist Hellas-99 Hildesheim, der als Dritter des Aufstiegsturniers von Brandenburg den Sprung in die neue 16er-Bundsliga nur aufgrund der schlechteren Tordifferenz verpaßt hatte. Die tendenziell am Aufstieg interessierten Niedersachen müssen in den kommenden Tagen nun im Umfeld die Weichen in Richtung Erstligastart stellen, wobei aus Termingründen nur noch bescheidende Möglichkeiten auf dem Spielermarkt vorhanden sind.