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Aus der Geschichte des Europa-Cups


VON DR. GÜNTER SCHWILL

Während der Wasserball-Europameisterschaft in Florenz beim Kampf der besten Nationalmannschaften findet die Auslosung für den Europacup statt. Es ist der mit Spannung erwartete Wettbewerb der besten Vereinsmannschaften, an dem rund 100 Teams aus ganz Europa beteiligt sind.

Seit 1963 läuft dieser Wettbewerb, gestartet als Cup der Landesmeister mit damals 14 Mannschaften, der jetzt bereits in seine 37. Ausspielung geht. Einige Vereine haben Europacup-Geschichte geschrieben, dazu zählt aus Deutschland der Rekordmeister Wasserfreunde Spandau 04. Die Havelstädter gehören zu den drei Vereinen, die fast die Hälfte aller Titel gewonnen haben. Es führt Mladost Zagreb (7 Landesmeister-Cups) vor Partizan Belgrad (6) und Wasserfreunde Spandau 04 (4).
Spandaus große Zeit waren die 80er Jahre mit den Spielern Röhle, Stamm, Freund, Otto, Loebb, Fernandez, Kison, Ehrl, Kusch, Reimann und Bukowski sowie den unvergessenen Trainern Alfred Balen und Uwe Gassmann und dem umsichtigen Manager Udo Lehmann.

Im Jahr 1974 wurde der Kreis der Cup-Teilnehmer um den Pokalsieger-Wettbewerb erweitert. Hier schrieben die Ungarn von Ferencvaros Budapest mit 4 Titeln ihre Erfolgsstory. Aus der Familie Steinmetz trugen sich bereits zwei Generationen in die Siegerlisten ein, erst der Vater Janós, jetzt beide Söhne Barni und Adam. Mit drei Cupsiegen folgen in der Rangliste die Italiener aus Pescara mit dem unvergleichlichen Spanier Manuel Estiarte in ihren Reihen.

Ein Jahr darauf kam 1975 der Supercup dazu, gedacht als abschliessender Leistungsvergleich der beiden Cupsieger (Landesmeister und Pokalsieger). Überraschenderweise waren diese Spiele keine sichere Beute der Landesmeister. Von zwanzig Austragungen ging genau die Hälfte an die Pokalsieger. Spandau hatte als vierfacher Cupsieger bei den Meistern zwei Erfolge im Supercup zu verbuchen und verlor einmal gegen ZSKA Moskau. Das vierte Spiel, 1988 gegen die Italiener von Botero Arenzano, die ihren Erfolg dem legendären Dr. Tamas Farago verdankten, fand keinen Ausrichter.
Die erfolgreichsten Mannschaften im Supercup sind Mladost Zagreb und ZSKA Moskau (je 3 Siege), gefolgt von WF Spandau 04, Catalunya Barcelona, Ferencvaros Budapest und Pescara (je 2 Siege).
Nach der Einführung der Champions League 1996 kam der Supercup nicht mehr zur Austragung.

Vor der Champions League jedoch, der heutigen "Königsklasse" im europäischen Wasserball, wurde 1993 ein weiterer Cup ins Leben gerufen, die LEN-Trophy. Ursprünglich sollte sie zur Erinnerung an den früh verstorbenen Spandauer Trainer Alfred Balen seinen Namen tragen. Der damalige LEN-Sekretär Jörg Haake, der die Fäden in Europa knüpfte, war bei der Endabstimmung aber unterlegen.
Für die LEN-Trophy konnte jedes Land bis zu zwei Teilnehmer benennen. In der Zeit der Öffnung Europas und der staatlichen Neugliederung (Jugoslawien, Sowjetunion) stieg die Zahl der Mitgliedsländer der LEN sprunghaft an. Eine regelrechte Flut an Europacupspielen folgte. In der noch jungen Geschichte des LEN-Cups ragt eine Mannschaft heraus: Ujpest Budapest. Dreimal bereits haben die Magyaren diesen Titel errungen.

Auch die Frauen spielen seit 1987 um den Landesmeistercup. Hier dominierten die Holländerinnen, die je 3 Titel durch Donk Gouda und durch Nereus Zaandam sowie einen Titel durch Brandenburg ins Land holten. Aus Deutschland gelang der Schwimm-Union Neukölln unter Trainer Gerhard Thiedke mit Platz 3 die beste Plazierung.
Seit diesem Jahr feiern auch die Pokalsieger ihre Europacup-Premiere. Erster deutscher Teilnehmer in diesem Wettbewerb ist der Traditionsverein Nikar Heidelberg.

Spandau auf die Auslosung gespannt

Das Zauberwort in Europa heisst seit 3 Jahren Champions League. Auf Grund der hohen Teilnehmerzahl (25 bis 30 Bewerber werden erwartet), müssen alle die Mannschaften Qualifikationsspiele bestehen (Termin 29.-31.Oktober), die im letzten Jahr nicht das Achterfeld der Champions League erreichten. In dieser "Königsklasse" spielten die Meister folgender Länder: Kroatien, Jugoslawien, Rußland, Griechenland, Ungarn, Frankreich und Spanien. Dazu kam aus Italien der Titelverteidiger Posillipo.
Die genannten Länder werden in diesem Jahr durch folgende Meister vertreten: Mladost Zagreb, VK Becej, Wolgograd oder Moskau, Olympiakos Piraeus, BVSC Budapest, Olympic Nizza und Real Canoe Madrid. Italiens Platz hatte sich Ina Assitalia Roma gesichert, er könnte aber durch einen noch schwebenden Dopingfall an Posillipo fallen.

Mindestens eine Handvoll Spitzenklubs möchte zusätzlich noch die europäische Bühne betreten, auf der es recht eng wird. Dazu zählt Deutschlands Meister WF Spandau 04. Ein ganz dicker Brocken ist der aktuelle Champion Posk Split. Auch Rumäniens Titelträger Dinamo Bukarest ist nicht zu unterschätzen, so wenig wie Hollands neuer Meister ZPB/Profus aus Barendrecht. Aus den früheren Sowjetrepubliken kommen wohl die nächststärksten Mannschaften. Hier sind die Ukraine, Moldawien und Georgien am meisten zu beachten. Skandinavische und britische Mannschaften haben einen geringeren Leistungsstand, so wie auch Österreich und die Schweiz. Doch diese Länder sind auch mit ein oder zwei Europacup-Runden zufrieden und zeigen sich dabei oft als hervorragende Gastgeber. Und immer wieder gibt es neue "Gesichter", wie in diesem Jahr mit dem Schweizer Meister aus Kreuzlingen, der den Altmeister Horgen, noch im Vorjahr von Spandaus Ex-Coach Peter Rusoran trainiert, in fünf Finalspielen mit anschließendem "Golden Goal" entthronte.

Die Vorrunde (Preliminary Round) ist die schwerste Hürde

Um zum "Leistungsadel" in Europa zu zählen, muß unbedingt die Vorrunde vom 26.-28.November überstanden werden.
In einem Viererturnier setzen sich nur die beiden besten Mannschaften durch. Der Heimvorteil spielt eine grosse Rolle, weshalb Spandaus Manager Volker Strobel diese Runde gern in Berlin austragen würde. In den letzten beiden Jahren scheiterte Spandau in dieser Runde, die im Ausland (in Pescara und Moskau) gegen stärkste Konkurrenz stattfand.
Seit 1979 sind nun die Wasserfreunde Spandau 04 mit nur einer Unterbrechung (1993) im Landesmeistercup vertreten. In einer Punktwertung aus allen Spielen nimmt Spandau Platz 2 in Europa ein. Es führt mit 130 Siegen Partizan Belgrad. Spandau folgt mit 105 Siegen, bedrängt von Mladost Zagreb mit 98 Siegen. Einen grossen Abstand weisen dann auf dieses Spitzentrio in Europa folgende Clubs auf: ZSKA Moskau, Recco Genua, CN Barcelona, Dinamo Bukarest, Posillipo Neapel und Catalunya Barcelona.
Aus der Anfangszeit des Europacups ragte Dynamo Magdeburg, geführt von Trainer Rolf Bastel, heraus (24 Siege). Zum Leidwesen des deutschen Wasserballs gingen in der DDR politisch bedingt für diesen Sport bereits 1968 die Lichter aus. Das betraf auch Dynamo Berlin (Trainer Werner Kniep), dessen Wasserballabteilung ganz aufgelöst wurde. Magdeburg wurde einmal Vizechampion (es fehlte 1966 nur ein Tor gegen Partizan Belgrad!), dreimal Dritter und einmal Halbfinalist. Der Verein zählte mit den Spielen in der Elbeschwimmhalle seinerzeit zu den Topadressen in Europa.
Auch Würzburg 05 (23 Siege) war in den 70er Jahren unter Trainer Manfred Schuhmann einmal Cup-Dritter und zweimal Vierter. Die Namen der Brüder Kilian und Günter Wolf haben immer noch einen guten Klang in Europa.
Einen 4.Platz im Finale belegte auch der ASC Duisburg im Eröffnungsjahr 1963/64, musste sich aber im deutsch-deutschen Duell gegen Magdeburg glatt geschlagen geben. Fritz Matthiä war seinerzeit Autorität und Vaterfigur beim ASCD.
Rote Erde Hamm, obwohl zwischen 1963 und 1975 sechsmal Deutscher Meister, kam im Europacup nicht über das Halbfinale hinaus. Trotz der glanzvollen Namen Hoffmeister, Schepers, Dr. Nagy und Dr.Strasser stehen nur 8 Siege für die Westfalen zu Buche.
Waspo Hannover, genau wie Halle bisher einmal im Meistercup vertreten, konnte noch keinen einzigen Punkt ergattern.

Eine Binsenweisheit gilt auch jetzt für Florenz: Nur starke Vereine sichern eine starke Nationalmannschaft Deshalb richtet sich aller Augenmerk wieder auf den kommenden Europacup.

(28.08.1999)

 
 
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